Mit dem 12:8-Heimsieg gegen Vorjahresmeister BSK Hannover-Seelze geht der Mannschaftsmeistertitel nach 21 Jahren wieder an die Boxhochburg Schwerin
Sieben Kämpfe, davon fünf Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage – und der BC Traktor Schwerin ist deutscher Box-Mannschaftsmeister der Saison 2018/19 geworden. Vorzeitig. Schon beim vorletzten Kampfabend der Box-Bundesliga am Samstagabend in der heimischen PalmbergArena haben die BCT-Fighter alles klargemacht. Gegen den amtierenden Titelverteidiger, den BSK Hannover-Seelze, siegte das bärenstark und sehr selbstbewusst auftretende Schweriner Team überraschend deutlich mit 12:8. Gut 1100 begeisterte Zuschauer, darunter die Schweriner BoxOlympiasieger Andreas Zülow und Andreas Tews sowie Box-Vizeolympiasieger Richard Nowakowski, feierten – teils mit stehendem Applaus – ihren Mannschaftsmeister. Es war der erste Teamtitelgewinn seit 1998 für die traditionsreiche Box-Hochburg. Doch der Reihe nach. Vielversprechend war schon der Auftakt des Box-Events.
Da bezwang der flinke Federgewichtler Arslan Khataev in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm seinen Hannoveraner Gegner Remi Bojani – meist geschickt aus der Defensive agierend. Nach dem Punktsieg schlussfolgerte der eloquente Ringsprecher Jan Müller ein wenig voreilig: „Der Grundstein ist gelegt!“ Tatsächlich bezwangen dann auch die Traktor-Boxer Deniel Krotter (bis 63 Kg) gegen Timur Beliak und der brillante Techniker Yaroslav Samofalov (69 Kg) gegen Muzamiru Kakande per Punktsieg ihre Gegner.
Zwischenstand: 6:3 für die Traktor-Zugmaschine.
Nach der 20-minütigen Pause des Kampfabends jedoch unterlag der erfahrene TraktorMittelgewichtler Andrii Tereheria (75 Kg; 165 Kämpfe/123 Siege) knapp dem starken BSK-Kämpfer Nikita Yakimchuk. Tereheria hatte sich allerdings die Hand heftig verletzt. Es sollte die einzige Niederlage für die Traktor-Zugmaschine sein. Denn anschließend stieg Stepan Hrekul für Schwerin in den Ring. Der Halbschwergewichtler (bis 81 Kg) und zweifache U22-Europameister trieb seinen Gegner Hasan Özer erbarmungslos mit permanenten Schlagserien vor sich her. In Runde drei, nach schweren Treffern, warf die Rote Ecke (Hannover) das Handtuch. Das war richtig so – und symbolhaft für diesen spannenden Kampfabend.
„Es ist passiert!“, rief Ringsprecher Müller einmal mehr euphorisch. Und in der Tat: Der BC Traktor Schwerin führte mit 9:6 Punkten – uneinholbar. Der Mannschaftstitelgewinn stand quasi fest. Als dann BCT-Schwergewichtler Nadir Ünal seinen tapferen Kontrahenten Dmitri Lovchynskyi mit ungestümen Angriffen, doch ziemlich mühsam, nach Punkten bezwang und Publikumsliebling Nelvie Tiafack im Superschwergewicht dem routinierten Riesen Oleksandr Babych ein Unentschieden abtrotzte, kannte die Zuschauer-Begeisterung keine Grenzen mehr.
„Wir wollen ganz nach oben“, sang die Band Sconehead (diesmal vom Band anstatt live) die Traktor-Hymne, Ringsprecher Müller rief: „Es ist vollbracht!“. Und ein sichtlich erleichterter TraktorBeiratsvorsitzender Prof. Dr. Jens Hadler konstatierte: „Dank an alle, die das alles ehrenamtlich möglich gemacht haben! Dank an den Vorstandsvorsitzenden Frank Kleinsorg, der vieles im Hintergrund gemanagt hat, Dank an Sportdirektor Paul Döring, an unseren Trainer Sebastian Zbik und das gesamte Team.“ Cheftrainer Zbik, vor zwei Jahren beim Schweriner Neustart in die Box-Bundesliga nach eigenem Bekenntnis „noch echt skeptisch“, ist „ein bisschen ergriffen und echt stolz auf die tolle Mannschaftsleistung – und auf unser Publikum, das dazu beigetragen hat“.
Dieses dankt mit heftigem Applaus. Am Traktor-Titelgewinn kann auch der letzte Kampf nichts mehr ändern – am 30. März tritt der frischgekürte Meister noch einmal an, zum letzten, zum finalen Fight der Saison 2018/19 gegen Hertha BSC in Berlin.
Von Jürgen Schultz