Zwischen Liga und CEV Cup muss der SSC seine Kräfte einteilen – und genießt die besonderen Spiele
Die Uni hat nach der Semesterpause gerade wieder angefangen, eigentlich hätte BWL-Studentin
Jennifer Geerties (21) täglich in Vorlesungen und über Büchern sitzen müssen. „Aber diese Woche
zählt nur Volleyball“, sagte die Stammspielerin des Schweriner SC am Dienstag nach dem Heimspiel
gegen Galatasaray Istanbul. Zwischen Wiesbaden, Schwerin und Istanbul stehen immerhin drei
Spiele in nur acht Tagen auf dem Programm, zwei davon auf hohem europäischen Niveau, dazu
Vormittagstraining, Nachmittagstraining, Auswertung, Vorbereitung, Reisen. Lediglich der
Mittwochvormittag zeigte ein „Frei“-Feld im ansonsten komplett durchgetakteten Terminkalender der
Schwerinerinnen. Da will mit den Kräften klug gehaushaltet sein: „Man muss sehen, dass man im Kopf
fit bleibt, dass man sich schnell regeneriert, sich ordentlich ernährt, sich hinlegt, Pausen macht“, so
Jennifer Geerties.
Was in solchen Wochen vor allem schlauche, ergänzt SSC-Cheftrainer Felix Koslowski, seien die
Reisen: „Die sind die größten Belastungen für den Körper, weil man sich unterwegs nicht richtig
regenerieren kann.“ Ganze Tage im Bus, Raststättenessen, unbequeme, auch mal zu kleine
Hotelbetten, Zeitverschiebungen – „das ist alles nicht optimal, das muss man erst mal verkraften.“ Wie
die acht Stunden im Bus nach Wiesbaden und die Rückfahrt direkt nach dem Spiel letzten
Samstagabend, Ankunft daheim um fünf Uhr morgens. Oder den Donnerstag mit Training, der Fahrt
nach Hamburg und von dort dem Flug nach Istanbul.
„Wir hatten aber auch schon schlimmere Zeiten, wenn Spielerinnen verletzt waren oder wir ohne
Heimatstopp von Auswärtsspiel zu Auswärtsspiel reisen mussten“, relativiert Athletiktrainer Michael
Döring. Außerdem erlebt der SSC mit dem Halbfinale im CEV Cup und einem hochklassigen Gegner
wie Galatasaray gerade nicht nur einfach eine weitere unter vielen englischen Wochen: „Das ist schon
was Besonderes, da freut man sich so drauf, dass man richtig gut spielen will, auch in der fremden
Halle“, sagt Jennifer Geerties, die von Istanbul bis dato nur den Flughafen kannte.
Von dem ging es ganz offiziell mit Polizei-Eskorte durch den sonst zähen Stadtverkehr in den
asiatischen Teil der Stadt, zum Hotel direkt an der Halle, in der alle Istanbuler Clubs spielen. Hier vor
Ort zahlt trotz Außenseiterrolle alles auf eine immense Spiellust ein: Wetter (14 Grad und Sonne) und
Gastfreundschaft bieten eine tolle Atmosphäre, obendrein gab’s am Freitag das Champions League-
Spiel zwischen Vakifbank Istanbul und Volero Zürich und damit auch ein Wiedersehen mit den
früheren SSC-Stars Lonneke Slotjes und Anne Buijs. Der 12-köpfige SSC-Kader ist ebenso fit wie
hochmotiviert, das unmögliche zu schaffen – im Fall einer vollen Halle auch gegen die typisch
mächtige Stimmungsschlacht der türkischen Fans, die man bei uns so nur im Fußball kennt: „Im
ersten Moment denkt man schon, oh Gott, ist das laut, aber eigentlich ist es eine Herausforderung,
sich zu beweisen. Wir haben ja auch nichts zu verlieren“, sieht Jennifer Geerties das sportlich. Und
selbst wenn sich Galatasaray heute Nachmittag erneut als zu stark erweisen sollte, „war es immer
noch das beste Testspiel, mit dem wir in die Playoffs-Vorbereitungen starten können“, bilanziert
Michael Döring. Sonntagnachmittag werden die Schwerinnerinnen zurück zu Hause sein, der Montag
ist endlich einmal wieder komplett frei. Aber dann geht alle Kraft und Konzentration auf das große Ziel:
den Meistertitel.